Nur ein deutlicher Bedenkenhinweis schützt!
(02.03.2025) Schon vor der Abnahme der Bauleistungen kann ein Anspruch auf Vorschuss für die zur Beseitigung von Mängeln im Wege der Selbstvornahme erforderlichen Aufwendungen verlangt werden; hierdurch erlischt der Erfüllungsanspruch des Bestellers nicht. Der Besteller ist vom Unternehmer deutlich im Sinne eines informierenden und belehrenden Bedenkenhinweises darüber in Kenntnis zu setzen, dass eine abweichende Ausführung nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik oder den Herstellervorgaben entspricht. Ein Unternehmer, der seine Arbeit in engem Zusammenhang mit den Vorarbeiten eines anderen oder aufgrund dessen Planung auszuführen hat, muss in den Grenzen des ihm Zumutbaren prüfen und gegebenenfalls auch Erkundigungen anstellen, ob diese Vorarbeiten eine geeignete Grundlage für sein Werk bieten und keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit infrage stellen können, so das KG, Urteil vom 15.04.2024 - 7 U 152/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen).
Der Auftraggeber (AG) lässt ein mehrgeschossiges Wohngebäude in Stand setzen und modernisieren. Die Auftragnehmer sollen u.a. Dachfenster mit Sonnenschutzverglasung installieren und die Geschossfußböden erneuern. Schon vor der Abnahme reklamiert der AG Mängel: überdimensionierte Klappflügel eines Dachfensters, fehlerhafte Befestigung des Mittelpfostens einer Terrassentür und fehlerhafte Montage von Spindelantrieben. Weiter bemängelt der AG in drei Geschossen großflächige Absenkungen der Fußböden. Für die Beseitigung der Mängel an den Dachfenstern fordert der AG einen Kostenvorschuss i.H.v. knapp 60.000 Euro, für die Fußböden i.H.v. knapp 200.000 Euro. Der Fensterbauer meint, der AG habe der beanstandeten Bauausführung zugestimmt. Der Fußbodenleger wendet ein, die Absenkungen seien auf unterdimensionierte Spanplatten zurückzuführen, die vorab ein anderer Unternehmer eingebracht habe.
Die Klage hat Erfolg! Der AG kann schon vor der Abnahme Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung fordern (BGH, IBR 2017, 1014 - nur online). Der Einwand des Fensterbauers, der AG habe der teils vertragswidrigen und teils fachwidrigen Bauausführung zugestimmt, entlastet ihn nicht. Über die mit der abweichenden Bauausführung verbundenen Nachteile wurde der AG nicht umfassend belehrt. Auch der Fußbodenleger muss zahlen. Zwar wurden die unterdimensionierten Spanplatten durch ein anderes Unternehmen installiert. Er hat es jedoch versäumt, die für sein eigenes Gewerk relevanten und mangelhaften Vorarbeiten fachlich zu überprüfen.
Die Leitsätze 1 und 2 sind mit Vorsicht zu genießen. Der BGH gewährt dem Auftraggeber vor der Abnahme einen Kostenvorschuss nur, wenn dieser nicht mehr (Nach-)Erfüllung verlangen kann und ein Abrechnungsverhältnis entstanden ist (IBR 2017, 1014 - nur online). Dazu genügt, dass der Auftraggeber einseitig weitere (Nach-)Erfüllung durch den Auftragnehmer ablehnt. Leitsatz 2 ist ungenau. Gegen eine vertraglich oder technisch fehlerhafte eigene Bauausführung hilft kein Bedenkenhinweis. Ein solcher Hinweis befreit allenfalls von einer (Mit-)Haftung für fremde Fehler. Gegen eigene Ausführungsfehler würde nur eine nachweisbare Vereinbarung mit einem nachweislich hinreichend über die baulichen Folgen der fehlerhaften Bauausführung belehrten Auftraggeber helfen. So etwas kommt selten vor.