Planung weicht von Baugenehmigung ab: Auftragnehmer muss Bedenken anmelden!
(07.05.2025) 1. Beruht der Mangel des Bauwerks auf einer für den Auftragnehmer erkennbar mangelhaften Planung, wird er von seiner Haftung ohne Bedenkenhinweis nur dann frei, wenn dem Auftraggeber die Funktionseinschränkung der vereinbarten Ausführung des Werks bekannt ist und er sich in Kenntnis dessen eigenverantwortlich für diese Ausführung entschieden hat. 2. Eine Enthaftung kommt nur dann in Betracht, wenn der Auftragnehmer berechtigterweise auf die größere Fachkenntnis des Auftraggebers vertrauen darf oder er sich sicher sein kann, dass der fachkundige Auftraggeber die Mangelhaftigkeit des Werks gemäß der Planung erkannt und bewusst in Kauf genommen hat. 3. Dem Auftraggeber obliegt nur dann die Vorlage einer Sanierungsplanung, wenn der Auftragnehmer hierauf für die Mängelbeseitigung angewiesen ist, so das OLG Stuttgart, Urteil vom 17.12.2024 - 10 U 23/24.
Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) als Generalunternehmer mit der Errichtung eines Büro- und Ladenkomplexes. Der GU-Vertrag sieht vor, dass der AN Planungsdefizite der Ausführungsplanung gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Fachplanern zu korrigieren hat. Die Fassadenentwässerung führt der AN auf der Grundlage der vom AG gestellten Planung eines Ingenieurbüros (I) aus. Diese Planung sieht entgegen den brandschutzrechtlichen Vorgaben der Baugenehmigung schwer entflammbare Kunststoffrohre (HT-Rohre) anstelle von nicht brennbaren Stoffen vor. Bedenken meldet der AG nicht an. Nach Abnahme des Objekts kommt es durch eine Zigarettenkippe zu einem Schwelbrand in den Entwässerungsrohren. Das Bauamt fordert daraufhin den Austausch der HT-Rohre durch nicht brennbare Rohre. Der AN lehnt die Haftung ab. Darauf nimmt der AG den AN und I als Gesamtschuldner auf Kostenvorschuss in Anspruch. Das Landgericht verurteilt beide gesamtschuldnerisch. Alle Beteiligten legen Berufung ein. Der AN vertritt die Auffassung, ein Planungsfehler sei für ihn nicht erkennbar gewesen. Unabhängig davon sei der AG nicht aufklärungsbedürftig gewesen, da er selbst sachkundig und im Übrigen durch diverse Planungsbüros beraten gewesen sei.
Der AN hat mit seiner Argumentation keinen Erfolg! Das OLG verurteilt ihn zur Erstattung der Hälfte der Kosten der Mängelbeseitigung. Bei der gebotenen Überprüfung der Planung des I anhand der Vorgaben aus der Baugenehmigung hätte der AN erkennen können und müssen, dass Entwässerungsrohre aus nicht brennbaren Materialien auszuführen waren. Dementsprechend hätte der AN auch Bedenken anmelden müssen. Auch wenn ein Bauherr selbst über Sachkunde verfügt bzw. sich die Sachkunde seines Architekten oder Fachplaners zurechnen lassen muss, führt dies alleine nicht zum Wegfall der Prüf- und Hinweispflicht des Auftragnehmers (BGH, IBR 2001, 177). Unabhängig davon schuldete der AN die Überprüfung der ihm überlassenen Ausführungsplanung. Die entsprechende Regelung im GU-Vertrag ist nicht gem. § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam. Der Anspruch des AG ist aufgrund eines ihm zuzurechnenden Mitverschuldens bedingt durch den Planungsfehler des I hälftig zu kürzen.
Die Entscheidungen des Landgerichts und des OLG, die sich im Wesentlichen nur durch die abweichende Haftungsquote unterscheiden, sind nicht zu beanstanden. Die Einwendungen des AN sind wohl nur vor dem Hintergrund verständlich, dass der Austausch der Kunststoffrohre gegen nicht brennbare Materialien mit einem Aufwand in einer Größenordnung von 3 Mio. Euro verbunden ist.