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Nachträge wegen geänderter Leistungen werden nach tatsächlichen Kosten vergütet!

Leistung anders, aber besser ausgeführt: Kein Anspruch auf Mängelbeseitigung?

(10.02.2020) Auch wenn die Leistung nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht, kann der Besteller keine Gewährleistungsansprüche geltend machen, wenn die Ist-Beschaffenheit aus technischer Sicht höherwertiger ist als die Soll-Beschaffenheit, so das OLG Koblenz, Urteil vom 23.02.2017 - 6 U 150/16 (BGH, Beschluss vom 18.12.2019 - VII ZR 68/17 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen). mehr

Nachträge wegen geänderter Leistungen werden nach tatsächlichen Kosten vergütet!

(10.06.2020) Der vom BGH in seinem Urteil vom 08.08.2019 (IBR 2019, 536) aufgestellte Grundsatz, dass für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen i.S.v. § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind, findet auch bei der Ermittlung des neuen Einheitspreises von geänderten Leistungen i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B Anwendung, so das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 19.12.2019 - 5 U 52/19.

Der Auftragnehmer (AN) wird im Juli 2010 mit der Erstellung eines Wärmeverbundsystems beauftragt. Im Auftragsschreiben ist festgelegt, dass der Arbeitsbeginn am 30.08.2010 erfolgen soll. Da ein Vorgewerk neu ausgeschrieben werden muss, verschiebt sich der Baubeginn um drei Monate. Der AN verlangt für die "Kosten der Bauzeitverschiebung" eine Mehrvergütung aus § 2 Abs. 5 VOB/B i.H.v. 88.400 Euro. 

Ohne Erfolg! Dabei kann dahinstehen, ob von einer vom Auftraggeber angeordneten Leistungsänderung i.S.d. § 2 Abs. 5 VOB/B auszugehen ist. Jedenfalls stellen die vom AN geltend gemachte Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten (AGK) sowie der beanspruchte Anteil für Wagnis und Gewinn keine Mehrkosten i.S.d. § 2 Abs. 5 VOB/B dar. Bei der Ermittlung einer geänderten Vergütung im Rahmen des § 2 Abs. 5 VOB/B ist die Entscheidung des BGH vom 08.08.2019 (IBR 2019, 536) zu dem insoweit wortgleichen § 2 Abs. 3 VOB/B zu beachten. Demnach ist mangels Einigung der Parteien die ergänzende Vergütung über §§ 133, 157 BGB zu finden. Bei der im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien sind die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich (vgl. BGH, a.a.O.). Angesichts des identischen Wortlauts sind die genannten Grundsätze auch im Rahmen des § 2 Abs. 5 VOB/B maßgebend, so dass es für eine Preisanpassung auf die tatsächlich angefallenen Mehrkosten ankommt (gegen eine Erstattung umsatzabhängiger AGK bei Bauzeitverschiebung über § 2 Abs. 5 VOB/B ebenfalls: Franz, BauR 2017, 380; Kornet, BauR 2016, 1386). Es ist nicht ersichtlich, dass dem AN aufgrund der Verschiebung der Leistungszeit tatsächlich nicht abgegoltene Mehrkosten entstanden sind. Insbesondere hat er keine Vorhaltekosten für Personal oder Geräte dargelegt. 

Das Urteil ist die - soweit ersichtlich - erste Entscheidung zu der Frage, ob sich vor dem Hintergrund der zitierten BGH-Entscheidung die Berechnung der Vergütung einer geänderten Leistung noch nach der sog. Korbion'schen Preisformel (siehe dazu z. B. OLG Hamm, IBR 2017, 123) richtet oder nach den tatsächlich erforderlichen Kosten (zuzüglich angemessener Zuschläge). Angesichts des identischen Wortlauts von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B und § 2 Abs. 5 Satz 1 VOB/B - nach beiden Regelungen "ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren" - wird das vom OLG Düsseldorf konsequenterweise bejaht. Richtigerweise wird man das auch für die Berechnung der Vergütung zusätzlicher Leistungen i.S.d. § 2 Abs. 6 VOB/B anzunehmen haben, auch wenn sich der Wortlaut dieser Klausel von § 2 Abs. 3 und Abs. 5 VOB/B unterscheidet (so auch OLG Brandenburg, IBR 2020, 335).