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Reicht eine Mangelrüge per E-Mail?

Reicht eine Mangelrüge per E-Mail? 

(26.01.2016) Problematisch ist in der Bauabwicklung immer wieder, ob die Mangelrüge des Auftraggebers gegenüber seinem Auftragnehmer ausreicht, wenn diese nur per E-Mail erfolgt. Es könnte nämlich sein, dass diese Mangelrüge dann an einem Formerfordernis leidet, wenn diese Mangelrüge nicht eine gesonderte elektronische Signatur des Auftraggebers enthält.

So weisen wir auf einen entsprechenden Fall des OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.04.2012 - 4 U 269/11 hin, der jetzt aktuell vom OLG Jena, Urteil vom 26.11.2015 - 1 U 201/15, bestätigt worden ist.

Ein Bauunternehmer führt aufgrund eines VOB/B-Bauvertrags Bauwerksarbeiten aus, welche der Bauherr im Juni 2005 abnimmt. Mit E-Mail vom 08.03.2009 fordert der Bauherr den Bauunternehmer auf, Mängel zu beseitigen. Dieser weist nach Besichtigung der angeblichen Mängel mit Schreiben vom 27.03.2009 das Mängelbeseitigungsverlangen zurück. Anfang 2011 erhebt der Bauherr Klage auf Vorschuss der Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 9.800 Euro. Der Bauunternehmer verteidigt sich vor allem mit der Verjährungseinrede. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Bauherr seinen Vorschussanspruch weiter.

Erfolglos! Auch nach Ansicht des OLG ist die Klageforderung verjährt. Die Verjährungsfrist von vier Jahren nach § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B sei jedenfalls Ende Juni 2009 abgelaufen. Gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B habe nur die schriftliche Mängelanzeige verjährungsverlängernde Wirkung. Die E-Mail vom 08.03.2009 genüge dem Schriftformerfordernis nicht. Nach § 126 Abs. 1 BGB verlange die Einhaltung der Schriftform, dass die Mängelanzeige vom Anzeigenden eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden müsse. Diese Form könne nach § 126 Abs. 3 BGB durch die in § 126a BGB geregelte elektronische Form ersetzt werden. Auch diesem Formerfordernis genüge die E-Mail nicht, weil es an einer qualifizierten elektronischen Signatur fehle. § 126 BGB gelte auch für das Schriftformerfordernis der VOB. Soweit der Bauherr meine, das Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B entspreche dem des § 127 BGB, ergebe sich daraus nichts anderes. Denn diese Vorschrift ermögliche keineswegs die Übermittlung per E-Mail unabhängig von den Voraussetzungen des § 126a BGB, wie sich unschwer aus § 127 Abs. 3 BGB entnehmen lasse.

Diese Rechtsansicht des OLG Frankfurt stößt auf Kritik, so dass in der Literatur vertreten wird, dass dieser nicht zu folgen sei. Sie sei schlicht gesetzeswidrig, weil mit § 127 BGB nicht zu vereinbaren. Richtig sei zwar, dass die Anforderungen an die Schriftform sich mangels spezieller Regelung in der VOB/B nach §§ 126 ff BGB beurteilen. Infolge der Einbeziehung der VOB/B sei die in § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B geforderte Schriftform aber eine vereinbarte Form im Sinne der amtlichen Überschrift des § 127 BGB. Bei dieser Norm sei darum anzusetzen. Mag deren Absatz 1 auch unter anderem auf §§ 126, 126a BGB verweisen, so verkenne das OLG doch die hier einschlägige Spezialregelung in § 127 Abs. 2 BGB. Denn danach genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form, soweit nicht ein anderer Wille - für welchen hier Anhaltspunkte fehlen - anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung. Dazu reicht eine E-Mail aus (Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 127 Rz. 2; Ahrens, in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 6. Aufl., § 127 Rz. 2). Der Hinweis des OLG auf § 127 Abs. 3 BGB sei verfehlt, weil dieser eine Erleichterung gegenüber § 126a BGB für den Fall normiert, dass durch Rechtsgeschäft elektronische Form gefordert wird, was § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B aber nicht vorsieht.

Somit ist für die Baupraxis dennoch zu empfehlen, den sichersten Weg zu wählen: Immer E-Mails mit elektronischer Signatur versehen, d. h., diese nicht als "einfache" E-Mails versenden.

Problematisch bei der Übersendung von wichtigen Erklärungen per E-Mail ist jedoch auch immer der Nachweis des Zugangs. Insoweit kann eine Eingangs- oder Lesebestätigung allenfalls nur als Anscheinsbeweis für den Zugang fungieren.