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"Stadtwohnungen der Spitzenklasse": Bauträger schuldet erhöhten Schallschutz!

"Stadtwohnungen der Spitzenklasse": Bauträger schuldet erhöhten Schallschutz!

(10.07.2018) Aus den Anpreisungen und Beschreibungen des Bauträgers im Verkaufsprospekt als "Stadtwohnungen der Spitzenklasse" ergibt sich, dass die Käufer davon ausgehen können, dass die Wohnungen über mehr als nur den Mindestschallschutz verfügen. Auch bei entgegenstehender vertraglicher Vereinbarung nur des Mindestschallschutzes schuldet der Bauträger mindestens einen erhöhten Schallschutz, so das OLG München in seinem Urteil vom 24.04.2018 - 28 U 3042/17.

Der Bauträger errichtet eine Wohnungseigentumsanlage. Im Verkaufsprospekt beschreibt der Bauträger das Objekt wie folgt: "Direkt am Park bauen wir insgesamt vier Häuser in anspruchsvoller Architektur mit Stadtwohnungen der Spitzenklasse". Weiter heißt es, dass die Geräusche von haustechnischen Anlagen 35 dB(A) nicht überschreiten, sofern es sich um Dauergeräusche ohne auffällige Einzeltöne handelt. Mehrere Jahre nach Fertigstellung und Bezug der Wohnungen rügt die Wohnungseigentümergemeinschaft Schallschutzmängel an den Aufzügen, da noch nicht einmal die Mindestanforderungen der DIN 4109 eingehalten seien, und begehrt schließlich 190.000 Euro Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung. Der Bauträger wendet ein, dass die von den Aufzügen ausgehenden Geräusche einen maximalen Schalldruckpegel aufweisen, der sowohl den Angaben im Verkaufsprospekt als auch den Mindestanforderungen der DIN 4109 entspricht. 

Dieser Einwand bleibt ohne Erfolg. Der gerichtlich bestellte Sachverständige stellt fest, dass bei Betrieb der Aufzüge bereits die Mindestanforderungen der DIN 4109 nicht erfüllt sind. Der Schalldruckpegel der Aufzüge ist in den angrenzenden Wohnungen viel zu hoch. Darüber hinaus ist der Baubeschreibung insoweit nichts zu entnehmen, da es sich bei den durch die Aufzüge verursachten Geräuschen nicht um Dauergeräusche handelt, sondern um Geräusche, die durch einzelne Betriebsvorgänge (Fahr- und Bremsgeräusche und Geräusche beim Öffnen und Schließen der Aufzugtüren) der Aufzüge verursacht werden. Die vom Bauträger verbauten Aufzüge sind mangelhaft. Unabhängig davon schuldet der Bauträger aber nicht nur die Einhaltung des Mindestschallschutzes der DIN 4109. Aus den Anpreisungen der Wohnungen im Verkaufsprospekt ("Stadtwohnungen der Spitzenklasse") ergibt sich, dass die Käufer davon ausgehen durften, dass die Wohnungen über mehr als nur den Mindestschallschutz verfügen. Der Bauträger schuldet mindestens einen erhöhten Schallschutz, der sich als Vorschlag aus Beiblatt 2 zur DIN 4109 ergibt (Schalldruckpegel von höchstens 25 dB(A)). 

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, welcher Luftschallschutz geschuldet ist (z. B. IBR 2007, 474). Hierbei sind sämtliche Umstände zu berücksichtigen, auch soweit sie sich aus Unterlagen und Umständen ergeben, die nicht Vertragsgegenstand geworden sind. Soweit sich keine Gesichtspunkte für ein bestimmtes Schalldämmmaß ergeben, wird ein üblicher Qualitäts- und Komfortstandard geschuldet. Dabei sind allerdings die Mindestwerte der DIN 4109 nicht heranzuziehen, weil sie lediglich Mindestanforderungen zur Vermeidung unzumutbarer Belästigungen regeln. Anhaltspunkte können dagegen die VDI-Richtlinie 4100 aus dem Jahre 1994 oder das Beiblatt 2 zur DIN 4109 liefern. Will ein Unternehmer von den anerkannten Regeln der Technik abweichen, darf der Erwerber über den Hinweis auf die DIN 4109 hinaus eine entsprechende Aufklärung erwarten, die ihm mit aller Klarheit verdeutlicht, dass die Mindestanforderungen der DIN 4109 nicht mehr den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, er also einen Schallschutz erhält, der deutlich unter den Anforderungen liegt, die er erwarten darf (BGH, IBR 2009, 447).